Viva la Mofa
oder :
Hasta la Victoria Siempre
(Immer bis zum Sieg)
Eigentlich war alles
wie immer an diesem Freitag. Die Sachen auf die Fahrzeuge gepackt, ein
wenig den nervolösen Fahrern den Kopf gestreichelt, schon ging es in
die weite Pampa vor Giffelsberg. Gewisse Ähnlichkeiten mit der Reise
des jungen Che Guevara waren durchaus vorhanden. Als dieser sich im
Dezember 1951 mit seinem Studienfreund Alberto Granado und einer
alten Norton 500 auf den Weg ins Abenteuer machte, dürfte er nicht
weniger nervös gewesen sein. Haben wir auch nix vergessen, haben wir an
alles gedacht, alles eingepackt was wir brauchen usw. Tausend Fragen
die auch Generationen von grenzdebilen Hausfrauen dazu getrieben
hatten, das ausgesteckte Bügeleisen oder den vermeindlich
eingeschalteten Herd vor einer Urlaubsreise noch 42 mal zu
kontrollieren. Egal was immer wir nun vergessen hatten, es war
vergessen. Der Convoy startete pünktlich um 15:00 Uhr. Das „El
Deletant“ Eisen war gut vorbereitet, seine Compadres guter Stimmung,
die Servezas kühl und das Wetter vielversprechend. Nichts sollte uns
nunmehr aufhalten. Eine halbe Stunde später stellten wir bereits unsere
Favela in den weichen Acker von Giffelsberg.
Doch wie jeden
Freitag, den wir bisher in Giffelsberg erlebten, war auch dieser Tag
von einigem Zweifel gekennzeichnet. Unser Mitstreiter in der Nachbarbox
war kein geringerer als der Sieger des letztjährigen Rennens: JUKABIM.
Gegen das scharfe, schnelle hochdrehen des membrangesteuererten
Zündapp-Aggregats, schien El Deletant den Atem eines asthmatischen
Cuacos zu haben.
Aber
nicht den Kopf in den Sand gesteckt, sondern El
Deletant über den Acker gejagt und schon war klar: „Ey
caramba, watt is
denn hier los!“ Noch drei Tage zuvor hatte das Eisen in den
grünen
Feldern von Schwadorf vor Kraft strotzend, das heimatliche Geläuf
durchstreift und sogar den sonst so kritischen Kazuko von seiner Form
überzeugt. Wo war die Leistung geblieben? Im Drehzahlkeller, aus
dem
sich dieser feige Kolben nur dann getraute wenn er durch das gekonnte
Spiel auf der Kupplung dorthin getrieben wurde. Es nutzte nichts, alles
Probieren an Bedüsung, Zündung und Pipapo brachte nur lange
Gesichter
und Verzweiflung in die Gedanken derer, die sich auf dem Höhepunkt
Ihres Schaffens glaubten. Als letzte Maßnahme bauten wir sogar
den
Zylinder ab und schauten uns den Kolben und seine Ringe genau an - Ohne
Befund. Egal, besser schien es auf dem weichen Boden nicht zu gehen.
Den Rest des Abends ertränkten wir bei reichlich Cervezas und
Fachgesimpel am Lagerfeuer.
Die Colegas der anderen Teams schienen
nicht weniger Probleme mit dem Rennacker zu haben, wie wir bei den
zahlreichen Gesprächen erfuhren. Die Nacht senkte sich über uns und die
Pampa. Es wurde Zeit ins Bett zu gehen, wobei ich heraus fand was ich
am Vortag vergessen hatte: Meinen Schlafsack. Eingewickelt in eine
warme Jacke und mehrere Lagen Fließdecke mit Katzenhaaren verbrachte
ich die erste Nacht auf der Ladefläche unseres Pick-ups.
Schon früh am
folgenden Tag wurde ich vom Morgentau, der sich unter der Abdeckplane
meines Lagers gebildet hatte, geweckt, was mir das morgendliche Gesicht
waschen vorweg nahm. Jetzt noch die Zähne geputzt und der Tag begann am
Frühstücksstand des Racetracks. Es ist immer wieder erstaunlich wie 2
Tassen Kaffee und 2 belegte Brötchen einen beginnenden Tag positiver
erscheinen lassen.
Frisch gestärkt hatten wir noch den ein oder
anderen Einfall, z.B. beim Team Abarthing eine kleinere Leerlaufdüse zu
schnorren. Das anschließende freie Training ließ hoffen. Bis, ja, bis
Prinz Abgas uns vom Sprunghügel zuwinkte und eine pantomimische
Nachtankbewegung in den Äther tanzte. 6 Jahre Waldorfschule sei Dank,
wir verstanden seine Tanzaufführung binnen weniger Sekunden. Nun weiß
ich nicht inwieweit das Rechnen auf Waldorfschulen unterrichtet wird,
aber irgendwie schien El Deletante 3 Liter auf 10 km zu brauchen. In
der Box stellte sich dann heraus, dass nicht etwa Trunksucht zum Leeren
des Tanks geführt hatte. Eher war es die Inkontinenz des Vergasers bzw.
die Sturheit eines klemmenden Schwimmernadelventils, wie sich beim
ersten Nachtankversuch und dem anschließenden Geschrei der umstehenden
Fans ursächlich zeigte. In Ermangelung von genügend Sprit erklärte sich
einer der Umstehenden bereit, einen Ausflug zu einer nahegelegenen
Ausbeutertankstelle zu machen und 5 Liter 95 Oktan zu besorgen (Danke
Carsten).Was wären wir nur ohne unsere Camaradas. Anschließend sorgte
der Ölprinz (Al-Labba-al Lot) für ein präzises 1:33 Gemisch, mit dem
das Eisen erstaunlicher Weise flotter ins Feld fuhr als noch am
Vorabend befürchtet.
Dann endlich war es
soweit, noch einmal alle Schrauben kontrolliert, Züge geschmiert, den
Scheitel unter den Helm gedrückt und mit viel Pathos in den Worten
Kazukos: „Wenn ich voranschreite, folgt mir; wenn ich stehen bleibe,
schubst mich; wenn ich zurückbleibe, tötet mich.“ zum Start des 11.
Internationalen Mofa-Rennens.
Dank der beiden
Zeitnehmer Tobi & Paul ergab sich unter Führung des Ölprinzen eine
so hervorragende Boxenstrategie, wie es sie am Giffelsberg noch nie
gegeben hatte.
Hier die sekundengenaue Boxenstatistik (kein Scherz) des Rennens, aus der Feder des Ölprinzen Youssuff al laber al Lot :
1.Rennen:
-schnellste Runde, gefahren in der 3. Runde, 1:50.679
- Für 60 Runden haben beide Fahrer 124min und 14sec gebraucht - Platz 11
-
Das Eisen hat während der 124min und 14sec exakt 3 Minuten und 31 sec
an der Box wg. techn. Probleme bzw. vorbeugender Arbeiten
gestanden...das sind 2,8% Standzeit wg. Technik....Sensationell !
-
Kazuko: 32 Runden, Fahrzeit 63:51min, Schnitt 1:59,732
-
Prinz Abgas: 28 Runden, Fahrzeit 56:52min, Schnitt 2:01,806
-
Runde 28: Standzeit wegen unplanmäßiger Reparatur 2:14min (Lenkerbefestigung lose)
-
Runde 45: Standzeit wg. Sicherheitsservice (Lenkerbefestigung nachziehen) 15sec
-
Runde 56: Standzeit wg. Flatterband aus Kettenspanner entfernen 62sec
-
19 Fahrer schneller als unsere Topzeit 1:50,679 aus Runde 3, trotzdem 11. Platz
Zusammenfassung
Rennen 1:
Beide Fahrer sehr konstant
und mit höchstem Einsatz unterwegs. Trotz Regentropfen, Flatterband im
Hinterrad und losem Lenker lässt Prinz Abgas nichts anbrennen und
verliert insgesamt nur 59,764 Sekunden auf Kazuko......wer solche
Fahrer hat kommt auch mit Eierlikör im Tank ins Ziel!
Insgesamt ein sehr
unauffälliges 1. Rennen was leider durch zwei unplanmäßige Boxenstopps
die Sensation eines 2 Stundenlaufs ohne Stopp verhindert hat. Toller
11. Platz auf Grund der Konstanz.
18
Teams hatten erheblich schneller Runden hingelegt; die 5 Topteams waren
bis zu 20 Sekunden/Runde schneller. Auf den Punkt perfekt vorbereitetes
Material, konstante fehlerlose Fahrer.....Rennen 2 konnte kommen.
Das
2. Rennen:
-
schnellste Runde, gefahren in der 116. Runde, 1:52,291
- Für 62 Runden haben
beide Fahrer 124min und 16sec gebraucht, also 2 Runden mehr als im 1.
Rennen in gleicher Zeit....Platz 6 !!!!!
- Das Eisen hat keinen
(also nicht ein einziges, nothing, niente, nada...) technischen Defekt
und auch keinen unplanmäßigen Stopp einlegen müssen. Das müsste
demnach, weil ja besser nicht geht und das Rennen international
ausgeschrieben war, der WELTREKORD gewesen sein.
Sollte das jemals jemand
vor dem Kreischeisen geschafft haben, war es zumindest die Einstellung
eines Weltrekordes. Aber im Archiv der FIM (Fédération Internationale
de Motocyclisme) ist nicht zu finden, dass es jemals ein Mofa in einem
2 Stundenrennen ohne Panne geschafft hat....also:
WELTREKORD
Und
auch hier das 2. Rennen noch was genauer...:
-
Kazuko : 12 Runden, Fahrzeit 25:08min, Schnitt 2:05,726
-
Prinz Abgas: 50 Runden, Fahrzeit 99:07min, Schnitt 1:58,954
-
17 Fahrer schneller als unsere Topzeit 1:52,291 aus Runde 3, trotzdem 6. Platz
Zusammenfassung
2. Rennen:
Blitzstart von Pos. 11 auf
4....und dann.....die Sensation, die sich im 1. Lauf bereits andeutete
tritt tatsächlich ein....pannenfreies Rennen und nicht ein Fahrfehler
der beiden Top-Fahrer aus dem Linksrheinischen. Das hat es noch nicht
gegeben..: WELTREKORD. Dadurch platziert sich das Kreischeisen auf
einem sensationellen 6. Platz, und verweist 10 Teams mit erheblich
schnelleren Rundenzeiten, aber anscheinend mit technischen
Unzulänglichkeiten oder unausgegorenen Rennstrategien, auf die hinteren
Plätze.
Ein Wechsel der
Teamstrategie, jetzt 4 Fahrerwechsel anstatt 3, durch den weichen
Untergrund und eine auf diesen Untergrund unpassende Gesamtübersetzung,
war nun nötig. Das weichere Geläuf in Verbindung mit unserer auf
Leistung im oberen Drehzahlbereich abgestimmte Gesamtübersetzung passte
im 2.Rennen nur noch für Prinz Abgas, dieser wurde dann auch über alle
Maßen strapaziert (Fahrzeit 99 Minuten !!!). Kazuko fiel jetzt die
Aufgabe zu in heldenhafter Selbstlosigkeit nur 2 kurze Turns fehlerfrei
zu fahren, damit der Prinz kurz seiner Darmtätigkeit nachgeben und das
T- Shirt wechseln konnte.
Insgesamt
ein Meisterwerk an technischer Vorbereitung, fahrerischem Können, Teamgeist und Renntaktik....so fallen Weltrekorde!
Das
Gesamtergebnis:
7.
Platz....! 122 Runden in 245:00,060 Minuten, Schnitt: 2:00,492
Kazuko:
44 Runden in exakt 89:00,119 Minuten, Schnitt 2:01,336
Prinz
Abgas: 78 Runden in exakt 155:59,941 Minuten, Schnitt 1:59,999
Danke
an Tobi und Paul für die Daten welche vom offiziellen Ergebnis um das
ein oder andere Tausendstel abweichen können, da die Zeiten nicht an
Start und Ziel, sondern am Messpunkt vor unserer Box, erfasst wurden.
Hier ein kleiner Eindruck vom Rennen 2014:
(Klick the Bild oder will see nix)
Vielen Dank an alle die uns geholfen haben 2 Tage
lang viel Spaß zu haben. Danke an die Sponsoren , danke an die Fans und
Unterstützer, danke aber vor allem an die Leute die das Rennen
überhaupt ermöglicht haben: den Jungs und Mädels aus Kerpen !